Immer wieder fällt mir auf, dass einigen Menschen die Unterschiede zwischen den verschiedenen Berufen nicht klar sind. Wer jedoch professionelle Hilfe sucht, sollte wissen, an wen er sich am besten wenden kann. Daher widme ich diesem Thema einen Artikel.

Nein, Psychologe und Psychotherapeut sind keine Synonyme

Wenn ich von meinem Psychologiestudium erzähle, gehen viele Personen automatisch davon aus, dass ich danach eine Psychotherapeutin bin. Das Studium ist zwar eine Voraussetzung dafür, aber nicht jeder Psychologe wird danach Therapeut. Die Psychologie ist ein sehr weites Feld und es gibt zahlreiche spannende Bereiche, um sie anzuwenden. So sind Psychologen zum Beispiel in der Werbung, Sozialarbeit oder Unternehmensberatung tätig. Auch Leistungssportler erhalten oft Unterstützung durch Psychologen. Darüber hinaus kann man zum Beispiel als Gutachter beim Gericht oder als Schulpsychologe tätig sein. Wie du siehst, ist ein Psychologiestudium kein Indiz für eine spätere Tätigkeit als Therapeut. Wer jedoch Psychotherapeut werden möchte, benötigt ein Studium der Psychologie (oder Medizin). Nach dem Studium muss dann zusätzlich eine Therapeutenausbildung absolviert werden.

Psychotherapeut und Heilpraktiker für Psychotherapie

Die Voraussetzung des Studiums gilt für jene Psychotherapeuten, die eine Kassenzulassung haben. Daneben gibt es aber auch noch die Heilpraktiker für Psychotherapie. Für diesen Titel wird kein Studium benötigt, sondern er wird durch eine private Ausbildung erlangt. Da der Heilpraktiker für Psychotherapie keine Kassenzulassung hat, müssen Patienten die Therapie meist aus eigener Tasche bezahlen. Dennoch kann es von Vorteil sein, seine Hilfe in Anspruch zu nehmen, da die Wartezeiten für einen Therapieplatz bei kassenzugelassenen Therapeuten oft sehr lange sind. In manchen Fällen bezahlt die Kasse sogar die private Therapie. Nämlich dann, wenn du genügend Absagen von kassenzugelassenen Therapeuten bekommen hast. Es macht also Sinn, mit den Therapeuten per E-Mail zu kommunizieren und die Absagen aufzubewahren. Aufpassen solltest du bei psychologischen Beratern. Im Prinzip kann sich jeder Dienstleister so bezeichnen, der eine Art Coaching ausübt, denn der Begriff Psychologische Beratung ist nicht geschützt. Ob der Anbieter über eine qualifizierende Ausbildung verfügt, ist also nicht gewährleistet.

Psychiatrie

Mit einem Psychologiestudium ist es nicht möglich, Psychiater zu werden, denn dafür benötigst du ein Medizinstudium. Ein Psychiater ist also in jedem Falle ein Arzt, der sich auf das Feld der Psychiatrie spezialisiert hat. Während sich der Psychologe eher damit beschäftigt, wie und warum sich Menschen in bestimmten Situationen verhalten, liegt in der Psychiatrie der Fokus auf psychischen Erkrankungen und ihrer Behandlung. Im Gegensatz zum Psychologen darf der Psychiater Medikamente wie Antidepressiva verschreiben und Krankschreibungen ausstellen.

Und wer ist nun der richtige Ansprechpartner für dich?

Wenn du das Gefühl hast, unter einer psychischen Erkrankung (wie zum Beispiel Depressionen oder einer Angststörung) zu leiden, ist es sinnvoll, zuerst den Hausarzt zu konsultieren. Er checkt zuerst ab, ob nicht körperliche Ursachen hinter deinen Symptomen stecken. So können zum Beispiel Probleme mit der Schilddrüse sich ähnlich auswirken wie eine psychische Erkrankung. Wenn dein Hausarzt jedoch eine Depression oder Angststörung diagnostiziert, empfehle ich dir, dich an einen Therapeuten zu wenden. In schweren Fällen kann es hilfreich sein, die Therapie zusätzlich mit Medikamenten zu unterstützen – dann ab zum Psychiater.

12 Kommentare

  1. Danke für diesen Beitrag. Der war wirklich sehr hilfreich.
    Ich habe mich tatsächlich schon immer gefragt, was der Unterschied zwischen Psychologen, Psychiater und Psychotherapeuten ist. Ich habe es aber irgendwie nie so ganz verstanden.
    Du hast es aber wirklich gut erklärt. 🙂

  2. War wegen einer Suchtstörung auch schon beim falschen Arzt. Vor allem war das blöd, weil ich sehr lange auf einen Termin gewartet habe 🙁

  3. Hab selber schon die Erfahrung machen müssen 4 Wochen auf den Termiin gewartet . Ende vom Lied er konnte mir gar nicht helfen und habe eine Überweisung zum nächsten Doc. Naja die Erklärung hätte ich vorher lesen sollen .

  4. Und so im Wesentlichen, was ist deren Aufgabe?
    Also der Psychologe redet ja eher mit den Patienten und der Psychiater? Macht der das selbe nur noch zusätzlich mit Medizin, oder kümmert er sich nur um die Medizin?
    Kannst du mir das vielleicht noch ein bisschen genauer erklären, also was ihre Aufgaben quasi sind?
    Und weißt du zufällig wie es bei den jeweiligen Berufen (ganz grob) mit dem Lohn steht? Also nicht unbedingt Zahlen, nur wer z.B. mehr verdient, wer weniger und wer z.B die besten Chancen hat und vielleicht wie lange das komplette Studium usw. für die jeweiligen Berufe dauern würde?
    [Ich weiß, das sind viele Fragen, aber ich finde im Internet einfach nichts Genaues, aber ich würde trotzdem gerne wissen was ich in meiner Zukunft machen könnte. Du musst natürlich nicht alles beantworten. Danke schonmal.]

    • Hallo Sascha, ich klinke mich mal in deine Frage ein. Eines vorab: Meine Erkenntnisse sind etwas veraltet, es gab/gibt eine Reform der Therapeutenausbildung, die sich schon ein paar Jahre hinzieht.

      Also ein Psychiater kann auch gleichzeitig ein Therapeut sein, wenn er die Zusatzausbildung gemacht hat. Aber ein reiner Psychiater macht keine Therapien. Ein guter Psychiater wechselt auch mal ein paar Wörter mit dir, macht dir Mut usw. aber wie Nadja schon weiter unten schrieb kümmert er sich um die medizinischen Aspekte und verschreibt passende Medikamente (und die gegenüber Naturheilkunde aufgeschlossenen Psychiater verschreiben übrigens auch Johanniskraut bei leichten und mittleren Depressionen).

      Wer mehr verdient lässt sich glaube ich nur schwer beantworten. Mediziner verdienen schon ganz gut, aber ein Psychologe mit abgeschlossener Therapeutenausbildung dürfte auch gut verdienen, da sie ständig ausgebucht sind.

      Für die Kassenzulassung dauert die Ausbildung immer lange, egal ob man Medizin oder Psychologie studiert hat, da man hinterher die langwierige und teure Therapeutenausbildung abschließen muss. Rein vom Gefühl würde ich sagen, dass das Medizinstudium umfangreicher ist als Psychologie. Ohne Kassenzulassung ist die Ausbildung unter Umständen schneller abgeschlossen, weil man z.B. nur den „kleinen Heilpraktiker“ benötigt um anschließend eine therapeutische Praxis aufzumachen.

      Es ist jedenfalls ein ziemlich komplexes Thema und wenn du dich für die Ausbildung interessiert, solltest du in jedem Fall eine Berufsberatung hinzuziehen 🙂

    • Lieber Sascha,
      genau, der Psychotherapeut verwendet eine Therapieform, wie zb Verhaltenstherapie. Dabei spielt Kommunikation natürlich eine wichtige Rolle. Es ist seine Aufgabe, psychische Erkrankungen zu erkennen und zu behandeln. Dieselben Aufgaben hat auch ein Psychiater. Aber er behandelt sie anders als der Therapeut. Der Psychiater verschreibt Medikamente. Manche reden aber auch mit dir, geben Tipps zur Psychohygiene. Aber geht dann nicht so in die Tiefe wie bei der Psychotherapie.

      Deine beruflichen Chancen stehen sicherlich in beiden Bereichen sehr gut, da ich eher mit einer Zunahme als Abnahme von psychischen Erkrankungen rechne. Arbeitslos wirst du sicher nicht werden. ;.)
      Wieviel Psychiater oder Therapeuten verdienen, da bin ich leider überfragt.

      Liebe Grüße,
      Nadja

  5. Vielen Dank für die Erläuterungen. Ich erlebe immer wieder, dass die meisten Menschen keinerlei Differenzierung vornehmen. Daher ist es vielen Menschen auch unangenehm zuzugeben, dass sie zu einem Psychologen gehen, weil andere sich oft etwas völlig Falsches davon vorstellen.

    • Hallo Stefan,
      stimmt, viele bringen die Begriffe aus Unwissenheit einfach total durcheinander. Und ja, ich erlebe das auch immer wieder, dass sich viele erstmal total gegen eine Therapie sträuben. Dabei ist es besser, sich frühzeitig Hilfe zu holen, bevor sich ein Problem chronifiziert.
      Liebe Grüße

  6. AH, jetzt verstehe ich das endlich. Ich dachte das auch immer so, du studierst Psychologie und dann machst du Therapie. Wenn ich also Panikattacken habe, bringt es mir nichts, zum Psychiater zu gehen?

    • Liebe Katinka,
      so kann man das nicht sagen. Es gibt auch gute Psychiater, die sich Zeit nehmen und ein gutes Gespräch mit dir führen. Aber in erster Linie verschreiben sie Medikamente. Die gehen ja aber nicht der Ursache deiner Panikattacken auf den Grund. Daher würde ich mich zuerst an den Hausarzt wenden (um körperliche Ursachen ausschliessen zu lassen) und danach gegebenenfalls an einen Psychotherapeuten. Nur wenn du den Alltag gar nicht bewältigen kannst und dir daher ein beruhigendes Medikament wünschst, dann würde ich zusätzlich zum Psychiater gehen. Aber eine Behandlung ausschließlich mit Medikamenten halte ich nicht für sinnvoll.

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